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SRF Sendung «Büsser am Mittag» beanstandet

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Mit Ihrer E-Mail vom 14. Februar 2020 beanstandeten Sie die Sendung «Büsser am Mittag» auf Radio SRF 3 vom 12. Februar 2020.[1] Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann daher darauf eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Die Moderatoren machten sich über die Cryptoleaks und die dazu verwendeten Maschinen lustig.

Wir hatten Freunde aus Zentralamerika zu Besuch von denen während der Pinochet Zeit Familienangehörige verschwunden sind. Es kann doch nicht sein, dass man sich über etwas lustig macht, das mitverantwortlich ist das viele Leute scheussliches erlebt haben.»

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für SRF 3 äußerte sich Herr Alexander Blunschi, publizistischer Co-Leiter von Radio SRF 3:

«Ich nehme hiermit Stellung zur Beschwerde von Herrn X vom 14. Februar 2020 zur Sendung von SRF 3 vom 12. Februar 2020. Zeit der Ausstrahlung: 13:20 Uhr. Dem MP3, welches dieser Antwort angeheftet ist, entnehmen Sie bitte den zeitlich unmittelbaren und thematisch direkten Zusammenhang in der zur Diskussion stehenden Sendung:

Es geht dabei um den Zeitabschnitt von 13.00 Uhr bis 13.30 Uhr.

- Stundenopener direkt nach den News, wo das Thema angepriesen wird
- Programminhalt 1310h mit der Journalistin der Rundschau
- Programminhalt 1320h – humoristische Umsetzung, die beanstandet wird.

Einordnung:

Die Ausstrahlung, die beanstandet wird, fand am Tag der Spezial-Rundschau-Sendung zum Thema Cryptoleaks statt. Am Vortag wurde das Thema lanciert, an diesem besagten Mittwoch 12.2. 2020 war Cryptoleaks das bestimmende News-Thema im Land, auch bei SRF 3. Unzählbare Nachrichtenminuten, Hintergrundberichte und Einordnungsgespräche wurden bis zur Ausstrahlung des beanstandeten Inhalts bei SRF 3 gesendet.

Beurteilung:

In der Redaktion tauchte im Verlaufe der Berichterstattung die humoristisch angehauchte aber durchaus ernst gemeinte Frage auf: <Wie kann man mit so simplen Tricks in analogen Geräten so grossen Schaden anrichten und so viele Nationen unbemerkt abhören?>. Aus heutiger, digitaler Sicht schien das an dem Tag doch alles sehr surreal und komisch. Das Sendungsteam um Stefan Büsser und Manuel Rothmund zog aus diesen Redaktions-Diskussionen die Analogie zum klassischen Radiogerät, welches auch dazu dient andere bewusst abzuhören respektive ihnen zuzuhören.

In der Umsetzung spielen die Kollegen dann per fiktives Analog-Radio Live-Sequenzen anderer Radiostation ein, um zu zeigen, dass wir mit Radios täglich andere Leute ‘abhören’ und dass dies sehr simpel ist.

Diese humoristische und absurde Analogie spielt auf die Einfachheit des Tricks an, mit welchem bei der Firma Crypto die entsprechenden Geräte manipuliert wurden. Im Gesamtkontext der sehr intensiven Berichterstattung rund um Cryptoleaks erachte ich diese Umsetzung als absolut zulässig. Unabhängig davon, ob die Umsetzung individuell als lustig oder nicht empfunden wird, sehe ich keinen Zusammenhang zwischen unserer Analogie zwischen Radio und Abhörgerät und den Greueltaten der Pinochet-Regierung. Ich sehe welche Kausalkette Herr X geltend machen möchte, finde diese aber zu weit hergeholt. Solche indirekten Zusammenhänge, die über zig Stationen erstellt werden müssten, dürfen die journalistische und kreative Freiheit nicht einschränken. Die Reaktion auf diesen einzelnen Inhalt erachte ich insbesondere vor dem zuvor erwähnten Hintergrund, dass SRF 3 ausführlich in den Nachrichten- und Hintergrundsendungen über Cryptoleaks berichtet hat, als übertrieben.

Ich bitte Sie, Herr Ombudsmann Blum, diese Beschwerde abzuweisen. Für weitere Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Sendung. Ich finde auch, dass Ihr Bezug weit hergeholt ist. Keine Frage, dass das Pinochet-Regime grausam war und das Schicksal Abertausender auf dem Gewissen hatte. Ich erinnere mich noch gut an den Schock, als am 11. September 1973 die Volksfront-Regierung von Salvador Allende durch einen Militärputsch gestürzt wurde und die neuen Machthaber Verdächtige zunächst einfach in einem Stadion festhielten, bevor sie sie dann massenhaft zum Verschwinden brachten. Es war ein Putsch mit Unterstützung des gleichen CIA, der mit Hilfe der manipulierten Crypto-Geräte viele andere Länder abhörte.

Aber die Moderatoren in «Büsser am Mittag» schlagen nicht einen so großen Bogen, sondern sie wundern sich, wieso man so spezielle Geräte braucht, um abzuhören, da doch ständig abgehört wird – indem man Radio hört! Die Vorstellung des Radios als Abhörgerät ist komisch, ja echt lustig, und erinnert auch ein wenig daran, dass der Schweizer Staatsschutz die eigenen Bürgerinnen und Bürger dadurch bespitzelte, dass er schlicht Zeitungen las und dann das Gelesene als «streng geheim» auf einer Fiche festhielt. Der Einfall der Radioleute ist gut, und ich habe mich sehr amüsiert. Und dieses Amüsement lässt sich gut trennen von der von der (auch bei mir) noch immer vorhandenen Empörung über das Pinochet-Regime. Dies alles in Rechnung gestellt, kann ich Ihre Beanstandung nicht unterstützen.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüssen,
Roger Blum, Ombudsmann


[1]

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