Illustration des Tagesschau-Studios, links ein Bildschirm mit der Schaltung zum Moskau-Korrespondenten Christoph Wanner
SRG Deutschschweiz Ombudsstelle

Aussagen des Moskau-Korrespondenten in der «Tagesschau» beanstandet

Die «Tagesschau» berichtete am 30. September über die Annexion der besetzten ukrainischen Gebiete Luhansk, Donesk, Saporischja und Cherson durch Russland. Ein Beanstander sieht im Beitrag die sachgerechte Darstellung verletzt. Der Moskau-Korrespondent Christoph Wanner habe sich als «Putinversteher» inszeniert und die Gewalt des russischen Überfalls verharmlost.

Nach dem Nachrichtenbeitrag zur Annexion der vier ukrainischen Gebiete erfolgte in der «Tagesschau» eine Einordnung durch den SRF-Moskau-Korrespondenten Christoph Wanner. Dieser ging dabei auch auf die Beweggründe von Wladimir Putin ein. Ein Beanstander kritisiert Christoph Wanners Aussagen und sieht die sachgerechte Darstellung verletzt. Er wirft dem Korrespondenten vor, sich als «Putinversteher» zu inszenieren und die Gewalt des russischen Überfalls zu verharmlosen. Christoph Wanner habe versucht, Putins Motive verständlich zu machen, ohne die Gewalt zu verurteilen.

Klare Distanzierung zur Kreml-Linie

Gemäss der «Tagesschau»-Redaktion möchte SRF dem Publikum in seiner umfassenden Berichterstattung zum Ukraine-Krieg auch zeigen, wie der Kreml den Menschen in Russland den Krieg erkläre und wie diese darüber denken würden. Dabei werde aber immer die nötige journalistische Distanz gewahrt. Christoph Wanner würde sich durch die klare und korrekte Bezeichnung der Vorgänge deutlich von der Kreml-Propaganda distanzieren. So spreche er vom «Ukraine-Krieg» und von der «Annexion der vier ukrainischen Provinzen». Damit widerspreche der Korrespondent deutlich dem Narrativ des Kremls, welcher von einer «militärische Spezialoperation» und einer «Aufnahme» der ukrainischen Provinzen spreche. Der Moskau-Korrespondent spreche auch von einem «Frontalangriff» von Seiten Russlands und mache damit die Aggressivität Putins deutlich.

Der Beanstander kritisiere insbesondere den letzten Teil der zweiten Aussage von Christoph Wanner. Nachdem der Korrespondent sich in den vorangehenden Aussagen durch seine Wortwahl deutlich von der Kreml-Propaganda distanziert habe, erklärte er hier dem Publikum Putins Denk- und Funktionsweise. Er habe diese jedoch nicht gutgeheissen. Wer die vom Beanstander kritisierte Aussage isoliert betrachte, könne möglicherweise den Eindruck erhalten, man wolle Verständnis für Putin wecken. Die Redaktion betont, dass die Aussage jedoch nicht für sich alleine stehe, sondern in eine insgesamt sehr Kreml-kritische Berichterstattung eingebettet sei. Insgesamt werde für das Publikum sehr deutlich, dass SRF kritisch über die aktuellen Ereignisse berichtet habe.

Keine Rechtfertigung von Russlands Vorgehen

Die Ombudsleute führen weiter aus, dass von einem Russland-Korrespondenten erwartet würde, beide Seiten – also auch die Sicht Russlands – zu beleuchten. Dies insbesondere, um der Sachgerechtigkeit Genüge zu tun. Als «Putinversteher» werde bezeichnet, wer Wladimir Putins Sorgen, Erwartungen oder Handeln, insbesondere in der Politik gegenüber dem Westen, nachvollziehen könne und diese damit verteidige, dass man Putins Position verstehen müsse. Christoph Wanner erörtere zwar die Sorgen, Erwartungen und das Handeln Putins. Er tue dies aber, ohne Putin zu rechtfertigen oder sich auf dessen Seite zu stellen. Die Ombudsleute können somit keinen Verstoss gegen die Sachgerechtigkeit des Radio- und Fernsehgesetzes feststellen.

«Tagesschau» vom 30. September 2022

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Beitrag «Putin unterschreibt Annexionsverträge nach Scheinreferenden» (Timecode 16:28)

Schlussbericht Ombudsstelle Nr. 8924


Text: SRG.D/ae

Bild: SRG.D/Illustration Cleverclip

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