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Ein Ventil für Unzufriedene

Seit April 2016 ist der gebürtige Baselbieter Roger Blum Ombudsmann der SRG Deutschschweiz. Der emeritierte Publizistikprofessor der Uni Bern spricht in einem Gastkommentar in der «Basellandschaftliche Zeitung» über das 25-jährige Bestehen der Ombudsstelle.

Jacqueline Zwahlen ist eine Schweizerin, die in Indonesien lebt. Sie ärgert sich oft über die Schweizer Medien, die sie für einseitig hält. Hin und wieder reicht sie Beanstandungen gegen Programme des Schweizer Fernsehens SRF ein.

Kürzlich sprach sie in Bern vor den Schweizer Medien-Ombudsleuten und ihren Gästen. Diese feierten das 25-jährige Bestehen der Medien-Ombudsstellen in Helvetien. Jacqueline Zwahlen prangerte vor allem die Russland-Berichterstattung an und fand, man sei in der Schweiz nicht fair gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Das Publikum reagierte ziemlich irritiert. Soll man sich an einer Feier kritisieren, ja provozieren lassen? Provozieren nicht, aber in Erinnerung rufen, warum und mit welchem Ziel der Gesetzgeber vor 25 Jahren Rundfunk-Ombudsstellen geschaffen hat: Damit jene Menschen, die sich und ihre Ansichten in den Programmen nicht wiedererkennen, reklamieren können. Damit die Unzufriedenen angehört werden.

Parlamentarier wie der Bündner Dumeni Columberg, der Walliser Daniel Lauber und der Bündner Luregn-Mathias Cavelty fanden damals, man müsse dem Publikum Klagemauern zur Verfügung stellen, mithin ein Ventil für die Unzufriedenen schaffen. National- und Ständerat folgten ihnen und schalteten diese «Ombudsstellen» neu vor die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI).

An die Ombudsstellen kann jedermann gelangen, ob direkt von einer Sendung betroffen oder nicht, ob Schweizer oder Ausländer, ob im Land wohnend oder irgendwo auf der Welt: Der Gesetzgeber wollte ein einfaches, niederschwelliges Verfahren. Die Ombudsleute fällen allerdings keinen Entscheid, sondern vermitteln, beraten, tun ihre Meinung kund. Einen Entscheid fällt erst die UBI, an die man nach dem Verfahren vor der Ombudsstelle eine Beschwerde richten kann.

Diese Ombudsleute-Idee steckte auch einige Print-Medienhäuser an. Heute kennen die Tamedia Deutschschweiz, die Tamedia romande, die AZ-Medien und die «Luzerner Zeitung» ebenfalls je eine Ombudsstelle. Damit sind rund 40 Schweizer Zeitungen und einige Zeitschriften zugänglich für Klagen bei Ombudsstellen.

Zu den AZ-Medien gehören auch die «bzBasel»/«Basellandschaftliche Zeitung»; deren Leserinnen und Leser können, wenn sie mit der Berichterstattung nicht zufrieden sind, an Ombudsmann René Rhinow gelangen. Die Medienhäuser anerkennen so, dass sie bei ihrer journalistischen Arbeit auch Fehler machen und dass sie diese zu korrigieren bereit sind.

Die Ombudsleute stimmen indes den Verärgerten und Empörten in der Mehrheit der Fälle nicht zu. Warum? Weil eben die Journalistinnen und Journalisten in der Schweiz per saldo gute Arbeit leisten. Weil sie in der Regel fair und sachgerecht berichten. Weil sie keine «Lügenpresse» sind. Weil sie die Mächtigen zu Recht kritisch begleiten und Skandale und Affären ans Licht der Öffentlichkeit zerren.

Weil sie mit gutem Grund offensiv von der Pressefreiheit Gebrauch machen. Denn gerade in der heutigen, unübersichtlichen Zeit ist unabhängiger, kritischer und kompetenter Journalismus nötiger denn je.


Der Artikel erschien erstmals am 18. Juli 2017 in der bz Basel .


Text: Basellandschaftliche Zeitung/Roger Blum

Bild: SRF/Screenshot

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