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SRF verwendete «rechtspopulistisch» korrekt

Ein Beanstander beschwerte sich darüber, dass Radio SRF 1 den brasilianischen Präsidenten Bolsonaro in den Nachrichten vom 6. April 2019 als «rechtspopulistisch» bezeichnet hatte. Ombudsmann Roger Blum ist der Meinung, dass der Begriff richtigerweise verwendet wurde.

Während der Morgensendung am 6. April 2019 bezeichnete der/die Sprecher*in bei Radio SRF 1 den brasilianischen Präsidenten Bolsonaro als rechtspopulistisch. Daraufhin ging bei der Ombudsstelle eine Beanstandung ein: Radio SRF 1 dürfe diese Charakterisierung grundsätzlich nicht verwenden, weil die Präsidentenpartei in Brasilien diesen Begriff gar nicht im Namen führt. Zum anderen, weil SRF nicht den Beweis erbracht habe, dass die Bezeichnung sachlich zutrifft. Insofern habe Radio SRF 1 nach Meinung des Beanstanders die Hörerinnen und Hörer falsch informiert.

In seiner Stellungnahme betont Fredy Gsteiger, stellvertretender Chefredaktor von Radio SRF, den Informationsauftrag der SRG SSR. Damit die Information verständlich ist, muss sie kontextualisiert werden. «Wir können beispielsweise nicht erwarten, dass unsere Hörerinnen und Hören wissen, dass in Portugal die Sozialdemokraten keine linke, vielmehr eine rechte oder rechtsliberale Partei sind», so Gsteiger. Insofern ist die Beschreibung Bolsonaros in erster Linie als einordnend und nicht als wertend zu verstehen. Gsteiger räumt jedoch auch ein, dass diese Charakterisierung nicht immer einfach ist, weshalb derartige Begriffe in den Redaktionen diskutiert werden. Zudem vergleicht man die eigene Berichterstattung mit anderen Medien. Es handelt sich also bis zu einem gewissen Grad um eine Einschätzungs- und Ermessensfrage.

Ein klarer Fall

Grundsätzlich gilt ein Politiker dann als rechtspopulistisch, wenn er bewusst einen Gegensatz zwischen «dem Volk» und den sogenannten «Eliten» (denen er sich fälschlicherweise nicht zurechnet) schafft. Rechtspopulistische Politiker anerkennen zwar das Prinzip von Wahlen, von Mehrheitsentscheidungen, jedoch nicht unbedingt die Regeln und Voraussetzungen dafür. Sie achten zentrale Elemente einer Demokratie gering, etwa die Rechtsstaatlichkeit, die Unabhängigkeit der Justiz, die Menschenrechte, den Schutz der Minderheiten, die Medienfreiheit. Oder sie versuchen gar – mit dem Verweis auf die an der Urne errungene Mehrheit – diese Prinzipien auszuhebeln. Im Fall von Präsident Jair Bolsonaro gibt es nachweislich zahlreiche solche Verhaltensweisen, weshalb die Entscheidung der Redaktion in diesem Fall klar war.

Objektive Kriterien

Auch Ombudsmann Roger Blum ist der Meinung, dass SRF den Begriff «rechtspopulistisch» in diesem Zusammenhang berechtigterweise verwendet hat. Die Wissenschaft bemüht sich seit Jahren um eine Charakterisierung des Rechtspopulismus und hat dafür objektive Kriterien herausgearbeitet, die beispielsweise in der Studie ‚Rechtspopulismus‘ von Oliver Geden ausgeführt werden. Gemäss dieser Studie zeichnet sich der Populismus vor allem durch zwei konstante Gemeinsamkeiten aus: Einerseits, die permanente Bezugnahme auf das Volk, andererseits eine ausgeprägte Frontstellung gegen die gesellschaftlichen Eliten. Hinzu kommen Elemente wie die Kultivierung klarer Feindbilder sowie eine starke Komplexitätsreduktion. Präsident Bolsonaro hat seinen Rassismus und seine Schwulenfeindlichkeit offen zur Schau gestellt. Zudem solle die Polizei seiner Meinung nach im Zweifelsfall einfach mal schiessen, was der brasilianischen Verfassung, den brasilianischen Gesetzen, den Grundsätzen der Verhältnismässigkeit und den Menschenrechten krass zuwiderläuft. Dies sind nur zwei Beispiele von vielen, weshalb Roger Blum der klaren Ansicht ist, dass die Bezeichnung rechtspopulistisch in diesem Fall zutrifft. Er unterstützt die Beanstandung nicht.

Zum Schlussbericht 5866

Zum Sendeprogramm von Radio SRF 1 vom 6. April 2019

Text: SRG.D/lh

Bild: SRG.D/Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro vor der Landesflagge/Illustration Cleverclip

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