Nathalie Wappler und Andreas Schefer.
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«Nah dran – weit weg» oder wie es zusammen gut geht

Auf den 1. April 2021 haben die Trägerschaft der SRG Deutschschweiz – vertreten durch den Regionalvorstand – und die Geschäftsleitung von SRF eine neue Zusammenarbeitsvereinbarung abgeschlossen.

Ist das nötig? Wir gehören doch zusammen: die SRG Deutschschweiz und Schweizer Radio und Fernsehen SRF. Schon seit immer. Was gibt es da zu regeln? Gute Frage. Die Erinnerung an frühere Zeiten, als schon immer alles anders (oder besser?) war, hilft wenig. Wer nur einigermassen wahrnimmt, wie rasant sich SRF seit der sogenannten konvergenten Fusion von Radio DRS und Fernsehen SF im Jahre 2009/10 entwickelt hat und jetzt mit «SRF 2024» unabdingbare weitere Schritte tut – programmlich, organisatorisch, aber auch ökonomisch –, um den Service-public-Auftrag weiterhin öffentlich wahrnehmbar und gesellschaftspolitisch relevant auszufüllen, kommt nicht umhin, den (manchmal verklärten) Blick für die historische Aufgabe und Zweckbestimmung der Trägerschaft auf die Zukunft hin zu schärfen ... und anzupassen.

Wer sind wir wirklich? Die Grundlagen für die SRG.D gibt es in den Statuen der SRG SSR aus dem Jahre 2009, in welchen der Trägerschaft eine «zivilgesellschaftliche Rolle» zugeordnet wird. Es ist explizit ihre Aufgabe, für den verfassungsmässigen Auftrag von SRG SSR und SRF bei den Akteurinnen und Akteuren in der Öffentlichkeit (Parteien, Institutionen, Organisationen, NGOs) durch alle Generationen hindurch öffentlich einzustehen und eine Brücke in die Zivilgesellschaft zu schlagen. Und dies unter sich stark verändernden medienpolitischen und –wirtschaftlichen Verhältnissen in einem globalen Umfeld. Dass eine demokratische Gesellschaft für ihren Zusammenhalt einen starken audiovisuellen Service public auf allen Kanälen (Radio, TV, Internet, Social Media) braucht, hat sich während der Corona-Pandemie erneut gezeigt. Während der für die SRG SSR bedrohlichen No-Billag-Kampagne im Jahre 2018 hat die Trägerschaft diese Rolle im besten Sinne des Wortes gut wahrgenommen. Unvergessen sind die gemeinsam mit anderen Organisationen realisierten Marktauftritte, Podien, Inserate, Chats und Clips, Testimonials, Kartengrüsse sowie Pins und Knöpfe am Revers bei den Leuten auf der Strasse und in unterschiedlichsten Foren.

«Die Zusammenarbeitsvereinbarung ist ein erneuertes Bekenntnis für das insgesamt sehr gute und konstruktive Miteinander von Trägerschaft und Unternehmen in der Deutschschweiz. Gleichzeitig postuliert die Zusammenarbeitsvereinbarung, was sich nun entwickelt und in Zukunft sein soll: das sich gegenseitig unterstützende Zusammenwirken von SRG.D und SRF im Zeichen der Transformation. Das Zukunftsbild heisst ‹SRF 2024›. Richtung und Ziel sind klar, wir stehen gemeinsam ein für einen zeitgemässen medialen Service public, der alle Menschen in der Deutschschweiz und darüber hinaus erreicht, bereichert und berührt.»

Nathalie Wappler
Direktorin SRF

Die Trägerschaft spielte aktiv die Rolle des Aussenministeriums für die SRG SSR und für SRF, dies im Gegensatz zur alten Rolle als internen Fanclub mit nicht mehr ganz zeitgemässen Unternehmerkompetenzen. Aber jetzt? Nur drei Jahre später? Die medienpolitischen Rahmenbedingungen für den Service public haben sich unter der digitalen Entwicklung der Medienwelt spürbar verschärft. Aber auch gesellschaftlich und politisch haben sich die Gegensätze bezüglich Integration und Konsens akzentuiert. Die SRG SSR und auch SRF sind trotz aktuell hohen Quoten und Reichweiten nicht hauptsächlich von der simplen Gebührenfrage her bedroht. Es geht zunehmend um ihre generelle Legitimation. Die exorbitant grassierende Anzahl der Beanstandungen bei der Ombudsstelle ist nur ein Hinweis darauf.

Und was heisst das? In Zeiten, in denen die Dinge unscharf, beliebig oder leichtfertig in Frage gestellt werden, müssen die verantwortlichen Kräfte ihre Rolle partnerschaftlich schärfen und die beschränkten Ressourcen bündeln. Und zwar verlässlich und im richtigen Verhältnis zueinander, aber auch mit dem Blick über den Tag hinaus. Nostalgisch verklärende «früher war alles ...»-Rhetorik, das Beharren auf Orte und Verhältnisse um jeden Preis oder der Rückzug in klandestin anmutende Verbindungen helfen dabei nicht.

«Schon bisher war die Zusammenarbeit zwischen SRF und der SRG.D konstruktiv und von gemeinsamen Zielen geprägt. Und dennoch ist die Vereinbarung ein Meilenstein für Trägerschaft und Unternehmen – nicht nur weil sie das Resultat von jahrelangen Bemühungen ist. Sie schafft auch Verbindlichkeit und Verlässlichkeit über den Tag hinaus. Zudem soll das engagierte Miteinander unabhängig sein von persönlich gutem Einvernehmen zwischen einzelnen Funktionsträgerinnen und Funktionsträgern. Die Vereinbarung ist gleichermassen Verpflichtung und Motivation für das Engagement zugunsten eines medialen Service public.»

Andreas Schefer
Präsident SRG Deutschschweiz

Die soeben und rechtzeitig mit der neuen Betriebsstruktur von «SRF 2024» abgeschlossene Zusammenarbeitsvereinbarung mit SRF basiert auf dem Spirit des vom Regionalvorstand publizierten Dossiers «Wer, wenn nicht wir!? Wofür wir einstehen.» mit klar umrissenen Handlungsfeldern und Aktivitäten für die Jahre 2021 bis 2023. Das Unternehmen und die Trägerschaft verpflichten sich zu zwei Zielen:

  1. Partnerschaftliches Verständnis und Zusammenwirken im Rahmen der statutarischen Zuständigkeiten und Aufträge;
  2. Blick für das Ganze und die gegenseitige Unterstützung im unabdingbaren Transformationsprozess.

Beschrieben werden alsdann konkrete Handlungsfelder. Im Fokus stehen unsere gemeinsame Haltung, das Rollenverständnis und das Verhalten in den Bereichen Kommunikation, Public Affairs sowie der gegenseitige Support. Sie sollen die postulierte Partnerschaft konkret benennen. Was ist Sache. Und was nicht. Wahrnehmung und Wertschätzung können natürlich nicht einfach so vertraglich vereinbart werden. Sie müssen bewusst gelebt werden können. Und dies gelingt am besten, wenn die Distanz, aber auch die konkrete Nähe zwischen Trägerschaft und dem Unternehmen SRF verbindlich definiert sind.


Text: Niggi Ullrich, Vizepräsident SRG.D

Bild: Mirco Rederlechner (Fotomontage)

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