Marcus Signer: Jede Figur ein Universum

Marcus Signer, einer der markantesten Schauspieler der Schweizer Film- und Theaterwelt, steht in diesen Tagen vor einer besonderen Herausforderung: Er haucht der traditionsreichen Hörspielfigur Philip Maloney visuelles Leben ein.

In diesen Tagen ist der Berner Schauspieler Marcus Signer schwer zu erreichen – die Verfilmung der aussergewöhnlichen Kultfigur Philip Maloney hat ihn fest im Griff. Seit über drei Jahrzehnten begleiten «Die haarsträubenden Fälle des Philip Maloney» das SRF-Radiopublikum durch den Sonntagvormittag. Geschaffen vom Autor Roger Graf, arbeitet sich der knorrige Detektiv Woche für Woche durch undurchsichtige Fälle und moralische Grauzonen. Nun ist Signer der Mann, der diese ikonische Figur vor der Kamera zum Leben erweckt.

Die Herausforderung ist gross, der Arbeitsplan straff getaktet, der Druck spürbar. 56 Drehtage stehen für Signer an: «Wir drehen meist fünf bis sechs Szenen pro Tag. Gegen Ende spürt man die Müdigkeit, aber die Konzentration muss trotzdem hoch bleiben.» Die kurzen Pausen nutzt Signer, um sich mit den Regisseuren Michael Schaerer und Luca Ribler auszutauschen und sicherzustellen, dass die Krimikomödie im Film-noir-Stil auch wirklich die trockene, fast stoische Welt Maloneys präsentiert.

Eine Welt, die Signer erst einmal für sich entdecken musste. Denn anders als das Publikum war er kein langjähriger «Maloney»-Fan. «Mir war der Name natürlich ein Begriff. Vor vielen Jahren hatte ich auch mal einige Episoden gehört, aber wirklich vertraut war ich mit Philip Maloney nicht.» Das änderte sich während der Vorbereitung auf die Fernsehserie. In dieser Zeit hörte Signer etliche «Maloney»-Episoden und tauschte sich regelmässig mit Regisseur und Headautor Luca Ribler aus, der ihm ein Verständnis für die eigenwillige Figur vermittelte. «Maloney ist ein sehr karger Charakter. Ich muss die Gefühle spüren, darf sie aber nicht zu stark nach aussen tragen.» Diese Zurückhaltung bringt Signer in eine Balance zwischen Ausdruck und subtiler Kontrolle.

«Durch das Kostüm entsteht ein zusätzliches Gefühl für die Figur.»

Für Signer war die Vorbereitung auf die Dreharbeiten für «Maloney» entscheidend. Ein intensives Coaching half ihm dabei, sich in die trockene Art Maloneys hineinzuversetzen. «Ich habe Improvisationen gemacht, um die Grundzüge der Figur kennenzulernen. Das war sehr hilfreich.» Ein Kind hatte ihm zudem eine Zeichnung von Maloney geschenkt – eine berührende Geste, die ihm eine Vorstellung davon gab, wie der Detektiv auf sein junges Publikum wirkt. «Durch das Kostüm entsteht ein zusätzliches Gefühl für die Figur», erklärt Signer. Und doch blieb vieles ein Sprung ins kalte Wasser. «Am Anfang des Drehs bewegte ich mich auf Glatteis», beschreibt er die ersten Drehtage. Ein Blick auf den Rohschnitt zeigte ihm, wie seine Interpretation von Maloney vor der Kamera wirkt.

Maloney ist für Signer weit mehr als nur eine Figur – er sieht in ihm ein Spiegelbild der Schweizer Identität. «Maloney ist eigenwillig, kritisch, aber nie verbittert», beschreibt Signer den Detektiv. «Er betrachtet das Leben aus einer etwas zynischen Perspektive, wie ein Philosoph, dessen scharfe Beobachtungen die Gesellschaft reflektieren.» Diese Haltung erinnert Signer an den Schweizer Pragmatismus, der die rauen Seiten des Lebens anerkennt, ohne daran zu verzweifeln.

«Maloney» bei SRF

Seit dem ab 29. Dezember sehen Sie die erste Episode von «Maloney» auf Play SRF und am 1. Januar 2025 um 21:40 bei SRF 1.

Weitere Episoden:

«Schlafende Hunde»

  • Sonntag, 5. Januar 2025 auf Play SRF
  • Sonntag, 12. Januar 2025, 21.40 Uhr, SRF 1

«Killerinstinkt»

  • Sonntag, 12. Januar 2025 auf Play SRF
  • Sonntag, 19. Januar 2025, 21.40 Uhr, SRF 1

TV-Ausstrahlung der Gebärdenversionen

«Maloney – Ein Anwalt kommt selten allein» in Gebärdensprache

  • Mittwoch, 1. Januar 2025, 00.15 Uhr, SRF 1

«Maloney – Schlafende Hunde» in Gebärdensprache

  • Sonntag, 12. Januar 2025, 00.45 Uhr, SRF 1

«Maloney – Killerinstinkt» in Gebärdensprache

  • Sonntag, 19. Januar 2025, 01.25 Uhr, SRF 1

Die weiteren «Maloney»-Episoden werden voraussichtlich im Frühling und Winter 2025 ausgestrahlt.

Als Schauspieler und Filmemacher sieht Signer es auch als seine Aufgabe, Kulturgüter lebendig zu halten. Seine frühen Erfahrungen in der Theaterwerkstatt 1230 in Bern, wo er sich zum Schauspieler ausbilden liess und schliesslich als Bestandteil des festen Ensembles Klassiker wie Gotthelf-Stücke inszenierte, prägten sein Verständnis für die Bedeutung solcher Erzählungen für das kulturelle Gedächtnis der Schweiz. Nach seiner Ausbildung in Bern führte ihn ein Stipendium nach New York City, wo er seine Techniken vertiefte, bevor er als freier Schauspieler in die Schweizer Theaterlandschaft zurückkehrte. Über Jahre hinweg prägte er Bühnen in Bern und Chur, bevor er sich auch Film und Fernsehen zuwandte. Mit der Verfilmung von «Maloney» bringt Signer nun eine Kultfigur auf die Leinwand, die nicht nur ein beliebter Detektiv ist, sondern für viele ein langjähriger Wegbegleiter und Teil des kollektiven Wir-Gefühls.

Obwohl das Leben am «Maloney»-Set derzeit hektisch und fordernd ist, hat Marcus Signer durch die Schauspielerei immer wieder Momente tiefster Erfüllung erlebt. Für seine Rolle im Schweizer Erfolgsfilm «Der Goalie bin ig» wurde er 2014 mit dem Schweizer Filmpreis ausgezeichnet und 2018 für die Serie «Wilder» mit dem Fernsehfilmpreis geehrt. Doch eine seiner eindrucksvollsten Erfahrungen machte er viel früher in seiner Karriere im Theaterstück «Dällenbach Kari», als er zum ersten Mal spürte, dass er die Kunst des Schauspiels wirklich «verstanden» hatte. «Nach rund zehn Jahren Bühnenerfahrung und der 30. Vorstellung des Stücks kam dieser Moment, wo ich dachte: Jetzt hab ich es geschafft. Es war ein perfekter Abend», erinnert er sich. Für Signer war dieser Moment eine Art Durchbruch – ein seltener Moment der Leichtigkeit und völliger Hingabe, den er als «Katharsis» beschreibt. Dieses Gefühl, ganz in einer Figur aufzugehen, den Charakter und seine Essenz in voller Tiefe zu begreifen, bleibt für ihn eine treibende Kraft und zieht sich durch seine Karriere.

Es ist genau diese künstlerische Erfahrung, die ihn auch bei der Arbeit an «Maloney» antreibt: das ständige Ringen darum, die Figur authentisch und lebendig zu gestalten, jede Nuance ihrer Persönlichkeit zu erfassen und dem Publikum nahezubringen. Genau dieser unerschöpfliche Reichtum an Möglichkeiten ist es, den Signer an der Schauspielerei besonders schätzt: «Man entdeckt mit jeder Figur ein neues Universum.»

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Text: Nicole Krättli

Bild: SRF/Pascal Mora

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