Simonetta Sommaruga übergibt die Schlüssel Albert Rösti, der neuer Medienminister wird

Rück- und Ausblick: Nun geht es um die Zukunft der SRG

Albert Rösti folgt auf Simonetta Sommaruga: Kommt es nun zu einer Kehrtwende in der Medienpolitik des Bundesrates? Und welche Auswirkungen hat die «Halbierungsinitiative» auf die SRG und ihre zu erneuernde Konzession?

Ein neuer Medienminister – wie weiter mit Service public und Medienförderung?
Ende 2022 trat Simonetta Sommaruga als Bundesrätin zurück. Vier Jahre lang leitete sie mit dem UVEK das Department, das für medienpolitische Dossiers und Weichenstellungen zuständig ist. Obwohl sie hier umsichtig agierte und einige Schwerpunkte setzte, ist Sommarugas Bilanz in der Medienpolitik eher durchzogen. Medienpolitische Meilensteine vermochte sie nicht zu setzen. Ihr wichtigstes Geschäft, das Massnahmenpaket zur Förderung der Schweizer Medien, brachte sie im Februar 2022 an der Urne nicht durch. Sie hinterliess ihrem Nachfolger Albert Rösti einige Baustellen. Welchen Kurs dieser in Sachen Medienpolitik, insbesondere bei der demokratierelevanten Förderung der nationalen Medien, fahren wird, lässt sich derzeit nicht mit Bestimmtheit sagen. Es ist aber zu vermuten, dass Rösti seine bisher an den Tag gelegte kritische Grundhaltung gegenüber der SRG in seiner neuen Rolle als Bundesrat nicht gänzlich über Bord werfen wird. Er wird sich möglicherweise für eine schlankere, aber regional gut in der Bevölkerung verankerte SRG einsetzen. Die sogenannte SRG-Initiative «200 Franken sind genug» seiner Partei wird der SVP-Bundesrat – auch als ursprüngliches Komiteemitglied, dessen Name noch immer auf den Unterschriftsbögen prangt – zumindest nicht aktiv unterstützen können. Seine neue Rolle in der Kollegialregierung lässt dies nicht zu.

Wie es mit der Förderung der privaten Medien weiter geht, wird weiterhin viel zu reden geben: Fachleute, Branchenvertreter:innen und Politiker:innen sind sich hier uneins. Ein Positionspapier der Eidgenössischen Medienkommission (EMEK), das eine Abkehr vom jetzigen System hin zu einer technologieneutralen – das heisst einer von der Mediengattung und vom Verbreitungskanal (online oder offline) unabhängigen – Förderung vorschlägt, ist teilweise auf starke Ablehnung gestossen.

200 Franken sind nicht genug
Lange war von der «Halbierungsinitiative» die Rede. Nun werden eifrig Unterschriften für die eidgenössische Volksinitiative «200 Franken sind genug (SRG-Initiative)» gesammelt. Die Initiant:innen möchten die Radio- und Fernsehgebühren von aktuell 335 auf 200 Franken jährlich auf drastische Weise senken. Zahlen würden nur noch Privathaushalte, Unternehmen wären von der Gebühr befreit. Die Initiative zielt auf eine knallharte Beschneidung der SRG, ihre «Tätigkeiten sollen sich auf den Kernauftrag der Grundversorgung beschränken» und ihre «monopolähnliche Stellung im Medienbereich» soll reduziert werden.

Die Formulierung ist nicht so radikal wie damals bei der «No-Billag»-Initiative, dennoch würde die Umsetzung bei einer Annahme durchs Volk das Ende der SRG, so wie wir sie heute kennen, bedeuten. Der Medienjournalist Nick Lüthi hat es einmal vorgerechnet: Die etwa 600 000 Franken, die der SRG dann noch vom Gebührenkuchen zuständen, entsprechen etwa dem Betrag, den die SRG in den letzten Jahren für die Sparte Information ausgegeben hat. Alles, was die SRG in den Bereichen Kultur, Musik, Film, Gesellschaft, Jugend, Bildung, Sport und Unterhaltung produziert, würde wegfallen. Nun umfasst der von den Initiant:innen ins Feld geführte «Kernauftrag» aber genau dies: Er fordert eine Mischung aus Unterhaltung, Kultur und Information – zumindest nach der geltenden SRG-Konzession. Es ist sogar zu befürchten, dass die finanziellen Mittel nicht ausreichten, um in den verschiedenen Regionen sieben Radiostudios zu betreiben und Fernsehkorrespondent:innen zu stationieren. Die Arbeit würde wohl am Hauptstandort in Zürich Leutschenbach zentralisiert werden, worunter auch die Berichterstattung und die Präsenz der Kantone Aargau und Solothurn erheblich leiden würden. Auch die Schweizer Kulturszene müsste kürzertreten, schliesslich finanziert die SRG unter anderem einen erheblichen Teil der hiesigen Filmproduktion. Und die Berichterstattung von Sportarten abseits von Eishockey und Fussball würde wohl von privaten Medienhäusern aufgrund mangelnder Rentabilität nicht übernommen, selbst die Übertragung von Skirennen wäre nicht mehr gesichert. Das jetzige, vielfältige Medienangebot erführe – ohne Not – erhebliche Einschränkungen. Ob die privaten Medienanbieter wirklich von einer Beschneidung der SRG profitieren würden, ist zudem in Zweifel zu ziehen. Internationale Studien, die die Marktsituation in einigen anderen Ländern untersuchten, stellten fest, dass private Medien von einem starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk eher profitieren als darunter leiden.

Der Kampf gegen die Initiative hat begonnen – mit der Abstimmung wird aber nicht vor Ende 2025 gerechnet.

Auf dem Weg zur neuen SRG-Konzession 2025
2022 wurde die geltende SRG-Konzession um zwei Jahre verlängert. Nun zeichnet sich ab, dass die neue SRG-Konzession ab 2025 im Zuge der medienpolitischen Diskussionen sowie der Graben- und Abstimmungskämpfe und aufgrund des rasanten Medienwandels der letzten Jahre ein erhebliches Facelifting erfährt. Alles andere wäre eine Überraschung. Noch unter Sommaruga wurden im Herbst 2022 die ersten Pflöcke eingeschlagen. Der Bundesrat stellt zur Diskussion, ob der Auftrag auf Information, Bildung und Kultur konzentriert und der Textanteil im Online-Angebot der SRG reduziert werden soll. In den Bereichen Unterhaltung und Sport soll sich die SRG auf Bereiche konzentrieren, die von privaten Anbietern nicht abgedeckt werden. Der Gebührenanteil soll wie bis anhin 1,25 Milliarden Franken betragen. Die SRG wird angesichts sinkender Werbeeinnahmen nicht umhinkommen, im Zuge der Transformation weitere Spar- und Effizienzsteigerungsprogramme anzugehen, wenn sie, wie vom Bundesrat gewünscht, weiterhin die gesamte Bevölkerung und alle Altersgruppen erreichen will. Man darf gespannt sein, welche Rückmeldungen die Vernehmlassung einer präzisierten Konzessionsversion ergeben wird.

Text: Rolf Schöner, Ressort Medienpolitik und -kritik

Bild: SRF