Die Zukunft der SRG entscheidet sich am 22. Oktober

Die Augen aller an Medien interessierten Menschen in der Schweiz sind derzeit auf Bundesrat Albert Rösti gerichtet: Wann wird er seine Gesamtschau zur SRG präsentieren, und was steht darin? Wird er sich zur Zukunft der SRG konkret äussern, sei es zur Erneuerung der Konzession oder zur Frage eines Gegenvorschlags zur Halbierungsinitiative?

Dabei gerät ein Aspekt stark in den Hintergrund: Mit Ausnahme der Konzession, die der Bundesrat direkt erlässt, müssen alle Entscheide durchs Parlament; sei es ein Gegenvorschlag zur Initiative, sei es eine Änderung des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG). Im Parlament halten sich SRG-Freunde und –Kritiker zurzeit einigermassen die Waage. So ist die Abschaffung der Unternehmensabgabe, welche gewerbenahe Kreise seit dem Inkrafttreten des RTVG wiederkehrend verlangen, zwar im Nationalrat gutgeheissen worden, aber jeweils im Ständerat gescheitert. Bei grundsätzlicheren Fragen hat auch der Nationalrat bisher zur SRG in der heutigen Form gehalten.

Die nächsten vier Jahre werden zu eigentlichen Schicksalsjahren für die SRG, die wohl in der Abstimmung über die Halbierungsinitiative gipfeln. Aber das Parlament hat in der Zwischenzeit die Fäden in der Hand. Es entscheidet, ob der Initiative ein Gegenvorschlag entgegengestellt wird – und ob dies ein direkter oder ein indirekter Gegenvorschlag sein soll. Ja, es könnte sogar die Initiative zur Annahme empfehlen.

Es kommt ein weiterer Faktor hinzu: Das Parlament wählt auch den Bundesrat. Je nach Ausgang der Wahlen wird im Dezember «nur» ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin des Sozialdemokraten Alain Berset gewählt, was für die Stimmung gegenüber der SRG in diesem Gremium vermutlich wenig Auswirkungen hätte. Kommt es aber tatsächlich zu Verschiebungen im Parteiengefüge, die die Zusammensetzung des Bundesrats grundsätzlich in Frage stellen, könnte auch die Haltung des Bundesrats gegenüber der SRG eine neue Wendung nehmen.

Aus allen diesen Gründen komme ich zum Schluss: Die Zukunft der SRG entscheidet sich nicht erst bei der Abstimmung über die Halbierungsinitiative, sondern in gut drei Wochen, in den nationalen Wahlen vom 22. Oktober. Sitzen im neuen Parlament (noch) mehr Männer und Frauen, die ablehnend zur SRG eingestellt sind, werden Entscheide fallen, die ihr schaden – und der SRG schaden bedeutet leider immer auch einen Abbau beim unabhängigen Journalismus. Ich werde hier keine Wahlempfehlung für eine oder mehrere Parteien abgeben. Ich empfehle jedoch allen, denen die SRG und der unabhängige Journalismus am Herzen liegen, ihren Wahlentscheid auch unter diesem Aspekt zu treffen. Zwar gibt es bei Smartvote nur eine einzige Frage zu diesem Thema (10.4), aber es ist ja durchaus möglich, die Wahlempfehlung an der übereinstimmenden Antwort auf diese Frage auszurichten.

Unabhängig davon kommt zum Schluss mein Standard-Satz, den ich in diesen Tagen und Wochen in allen Diskussionen rund um die Wahlen anfüge: Egal, wo Sie politisch stehen, gehen Sie wählen! Wir leben in einer direkten Demokratie, und unsere demokratischen Rechte wahrzunehmen, ist das höchste Gut.

Text: Peter Moor, Präsident SRG Aargau Solothurn