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«DOK»-Film über die «Hüslischweiz» erzeugt Emotionen

Stein des Anstosses für einen privaten Beanstander war das Wort «Hüsli». Es sei respektlos und unanständig. Verwendet wurde es im «DOK»-Film «Hüslischweiz ohne Ende» vom 8. Dezember 2016. Der Hauseigentümerverband (HEV) Schweiz beanstandet den ganzen «DOK»-Film als unausgewogen. Es entstehe der Eindruck, dass viele Hauseigentümer und -eigentümerinnen ein überzogenes Flächenbedürfnis hätten. Zudem habe der HEV im Film gerne selbst Stellung nehmen wollen. Ombudsmann Roger Blum findet die monierte Reportage insgesamt anschaulich und vielfältig. In einigen Punkten kann er die Beanstandungen jedoch teilweise unterstützen.

Bei der ersten Beanstandung stehen sich die unterschiedlichen Sprachauffassungen von Beanstander, Redaktion und Ombudsmann gegenüber. Für den Beanstander bezeichnet das Wort «Hüsli» vor allem ein WC. Für Nathalie Rufer, Redaktionsleitern «Dok History» von SRF, ist ein «Hüsli» hingegen in erster Linie eine gebräuchliche, schweizerische Verkleinerungsform. Zudem sei der Begriff «Hüslischweiz» zu einem allseits anerkannten Synonym für die Zersiedelung geworden, meint Rufer. Ombudsmann Roger Blum seinerseits empfindet den Begriff «Hüsli» im Zusammenhang mit Zersiedelung und fortschreitendem Häuserbau als despektierlich. Er sieht das Sachgerechtigkeitsgebot allerdings nicht wirklich verletzt, sondern höchstens leicht geritzt. Deshalb kann er die Beanstandung nur teilweise unterstützen. Die Zuschauerinnen und Zuschauer hätten sich trotz dieser Bezeichnung eine eigene Meinung über das Thema bilden können.

Stellungnahme nicht zwingend

Für Nathalie Rufer war eine Stellungnahme des HEV, die der Verband in einer zweiten Beanstandung fordert, nicht zwingend. Es habe sich beim monierten «DOK»-Film um einen historischen Rückblick auf die Siedlungsentwicklung in der Schweiz und die Veränderung des Landschaftsbildes gehandelt. Es sei keine kontroverse Diskussion um die Verursacher der Zersiedelung gewesen. Ombudsmann Roger Blum stützt den Nichteinbezug des HEV in die Reportage. Im «DOK»-Film seien Organisationen und Funktionäre nur soweit einbezogen worden, wie es für das Verständnis des Themas nötig gewesen sei.

Zum Vorwurf der Einseitigkeit gibt Rufer zu bedenken, dass in einer 50-minütigen Sendung nicht jeder Aspekt des komplexen Themas vertieft werden könne. Die Redaktion ist aber der Auffassung, dass das Thema des Films von mehreren Seiten und differenziert beleuchtet worden sei (Stichworte gestiegenes Bevölkerungswachstum, Entwicklung der Schweiz vom Agrar- zum Dienstleistungsland, Wirtschaftswachstum, Verletzung Raumplanungsgesetz durch Kantone und Gemeinden).

Kritische Punkte noch deutlicher benennen

Doch gerade zwei dieser kritischen Punkte hätte der «DOK»-Film nach Ansicht von Ombudsmann Roger Blum noch stärker berücksichtigen müssen. Einerseits hätte man das Dilemma der Schweiz – ein Land ohne Rohstoffe – sowie die damit verbundene Bevölkerungszunahme und die wirtschaftliche und infrastrukturelle Dynamik noch stärker betonen müssen. Andererseits hätte der Film noch deutlicher darauf hinweisen können, dass die Gemeinden mit einer konsequenten Umsetzung des Raumplanungsgesetzes die Zersiedelung bremsen könnten.

Insgesamt habe der monierte «DOK»-Film gemäss Blum das Problem jedoch sehr anschaulich und vielfältig auf den Punkt gebracht. Das Publikum habe sich frei eine eigene Meinung bilden können.


Schlussbericht Ombudsstelle 4446

Schlussbericht Ombudsstelle 4449


Text: SRG.D/dl

Bild: Screenshot aus dem Dok-Film «Hüslischweiz ohne Ende» vom 8.12.2016, SRF

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