SRF 2024: die Trägerschaft begleitet und schaut hin

Seit 1. April dieses Jahres ist SRF neu organisiert: Ein so genanntes Vier-Kräfte-Modell soll das Publikum aller Altersgruppen mit passenden Inhalten bedienen. Für die SRG-Trägerschaft heisst dies: begleiten, hinschauen und den Zug nicht verpassen.

Die Organisation des Unternehmens SRF ist seit Anfang Monat auf das Projekt SRF 2024 ausgerichtet, das im letzten Jahr präsentiert worden ist. SRF will mit dieser Neuausrichtung zukunftsgerichtet handeln und stärker die jüngeren Generationen ansprechen. Das ist zwingend nötig, denn tatsächlich nimmt die Zahl der Menschen in der Deutschschweiz, die Angebote von SRF konsumieren, laufend ab, je jünger sie sind. Und das gleich in doppeltem Sinn: Die Altersgruppe der 15- bis 29-Jährigen konsumiert Medien sehr stark über mobile Geräte; über ein Drittel schaut überhaupt nie Fernsehen und hört nie Radio. Und zudem: bei den digitalen Medien nutzt die Hälfte nie SRF-Angebote.

(Als Vergleich die Altersgruppe der 60- bis 80-Jährigen: gegen zwei Drittel schauen täglich Fernsehen auf einem SRF-Kanal, über die Hälfte hört täglich Radio auf einem SRF-Kanal. Bei der digitalen Nutzung – auch über 90 Prozent der über 60-Jährigen nutzen digitale Angebote! – ist der SRF-Anteil auch in dieser Altersgruppe deutlich tiefer, aber doch wesentlich höher als bei den Jüngsten.)

Einbezug der Trägerschaft
Die SRG Deutschschweiz als Trägerschaft wird von der SRF-Direktion laufend über das Projekt informiert. Der Regionalvorstand als leitendes Organ der SRG Deutschschweiz hat die Neuausrichtung genehmigt (wobei teilweise kritisiert wurde, dass er eigentlich vor vollendete Tatsachen gestellt wurde). Die wesentliche Neuerung in der Arbeitsweise ist das so genannte Vier-Kräfte-Modell:

Die vier Kräfte Inhalt, Produktion, Distribution und Audience sind gleichwertig an der Herstellung der Beiträge beteiligt. Das ist eine grosse Veränderung zur früheren Produktionsweise: Bisher hat ein Redaktor, eine Redaktorin einen Inhalt hergestellt, an die Produktion weitergegeben und über die gängigen Kanäle (Radio, Fernsehen, Internet) ausgespielt, worauf quantitative und allenfalls qualitative Auswertungen folgten. Das Miteinander aller Kräfte soll die Qualität steigern und sicherstellen, dass jede Zielgruppe das passende Produkt vorfindet.

Nach wie vor steht das lineare Radio und Fernsehen, also was wir landläufig als Programm kennen, im Mittelpunkt, denn auf diesen beiden Wegen konsumieren weitaus die meisten Menschen SRF-Produkte. Dass einzelne bisherige Programme verschwinden, kann aus Sicht der Trägerschaft nicht als Abbau verstanden werden – Änderungen im Programm gab es schon immer und wird es auch weiter geben. Wo sie allerdings genau hinschaut: Ob die Verschiebungen in den Inhalten eine bestimmte Richtung haben. So wurde etwa die Frage aufgeworfen, ob vor allem Programmelemente verschwinden, die Reibung verursacht haben, weil sie von Teilen des Publikums als provokativ erachtet wurden. Diese Frage bleibt so lange offen, als die neuen Inhalte noch zu wenig bekannt sind, die wiederum diese Reibung erzeugen können.

Der Qualitätsjournalismus soll auf jeden Fall ausgebaut werden, ist doch ein so genanntes Investigativ-Desk in Aufbau, das vertiefte Recherchen ermöglichen wird. Kritik aus der Trägerschaft kam allerdings soeben zum Umbau der Regionalberichterstattung auf den Online-Kanälen: Die Programmkommissionen der sechs Mitgliedgesellschaften haben das neue Konzept beobachtet und Bedenken geäussert (die Mitteilung dazu finden Sie hier).

Zweifellos wäre aus Sicht der Trägerschaft ein Ausbau der regionalen Inhalte erwünscht; in diese Richtung zielt auch die Reaktion der SRG Bern/Freiburg/Wallis auf die Ankündigung, dass die beiden Berner Tageszeitungen Bund und BZ zusammengelegt werden. Ganz anders sieht dies allerdings die Politik: Bei der letzten Revision des Radio- und Fernsehgesetzes wurde ausdrücklich eine Beschränkung der täglichen Sendezeit der Regionaljournale aufgenommen, und die aktuellen Angriffe gegen die SRG bei der Medienförderung sind auf weitere Einschränkungen ausgerichtet.

Verein SRG SSR entwickelt sich mit
Sicher ist, dass sich auch die SRG Deutschschweiz für die Zukunft ertüchtigen muss. In diesen Tagen startet ein Projekt, um den Publikumsrat auf die künftige Medienproduktion und –nutzung auszurichten. Auf gesamtschweizerischer Ebene wird sich die Delegiertenversammlung der SRG SSR bald mit einer neuen Trägerschaftsstrategie beschäftigen, die einen stärkeren Einbezug der Zivilgesellschaft vorsieht.

Text: Peter Moor-Trevisan, Präsident SRG Aargau Solothurn